Alexander König                       
Engel spielen  /Arbeiten 2008—2015
12. September—31. Oktober 2015 

Alexander König: Engel spielen  /Arbeiten von 2008–2015
»[...] Und da es oben sowieso schöner ist als unten, wo es immer dunkel ist, feucht und etwas modrig, kämmen wir sie, spinnen wir sie und flechten daraus dichte Gespinste um Engel spielen zu können.«
Diesem Satz, aus einem eigenen Text Königs für seine vor 2 Jahren stattgefundene Ausstellung »Schwester September«, ist der Titel der aktuellen Ausstellung des Künstlers entlehnt. Er mag als Anleitung dienen, sich seinen Arbeiten anzunähern.

Königs Arbeiten, wie sie bisher vorliegen, offenbaren, wie schon der eingangs benutzte Satz zeigt, einen Hang zu gebrochenem, fast tragischem Pathos. Menschenähnliches und Animalisches findet sich hier zusammen wie um sich selbst und gegenseitig seiner Existenzialität zu versichern. Dabei ist diese Existenzialität hochgradig kreatürlich gedacht, sie kommt aus dem Malmaterial, ist in diesem gebunden und erhebt sich dennoch daraus. Existenzialität  ist evident in diesen Bildern, denn es beschreibt eine Notwendigkeit, nicht wie Existenz eine bloße Tatsache, denn eine Existenz ist diesen Bildern nur in ihrem materiellen Vorhandensein eigen. König schafft dabei keine Bilderzählung im Sinne einer Anekdote oder nachvollziehbaren Geschichte innerhalb der Szenerien. Vielmehr gilt ihm der malerisch offene situative Aspekt. Die Bilder bleiben ohne Vorher und Nachher, sie sind herausgelöst aus jeder Art linearem Handlungsstrang und gewinnen hieraus ihren postulativen Charakter, der sich gleichzeitig aus der malerischen Form und der in ihr gebundenen Figuration speist.

Die Arbeiten Königs offenbaren dabei eine zutiefst humanistische Sicht: sie reflektieren eine Spannung zwischen Anspruch und Wirklichkeit, wie sie menschlicher Natur und menschlichem Handeln gerne eigen ist - der Suche nach dem Vollkommenen, mit der Ahnung seiner Nichteinlösbarkeit, aber möglicherweise mit katastrophalen Folgen. Denn niemand hindert uns, Unvollkommenes, sogar Verderbtes zu nehmen und zur Vollendung zu erklären.

Wir können Engel spielen, in Ermangelung eines Besseren. Diese Deklarationfähigkeit ist das, was Alexander König in seinen Bildern aufgreift. Königs Bilder müssen Postulate sein. Jedes für sich, jedes potenziell fehlbar. Und jedes hat genau darin sein Stück Vollkommenheit.
—Von Viktor Wendt


Königs Malereien
Alexander Königs Bilder bleiben auf ungewöhnliche Weise in einem ambivalenten Stadium zwischen Erzählerischem und reiner Malerei. Seine scheinbar idyllischen Bildfindungen, die Leichtigkeit seiner Motive aus Märchen, Mythologie und Sage ist durchzogen von einem dunkeltonigen mystischen Tenor, dessen Wurzeln in der Auseinandersetzung des Künstlers mit der europäischen Malereigeschichte einerseits und mit den Traditionen des Okkulten und Spirituellen in der Kunst andererseits zu finden sind.

Neben Goya und Füssli stehen mit Lovis Corinth u.a. die Expressionisten vom Beginn des 20. Jahrhunderts Pate, wenn ätherische Frauenfiguren sich entäußern und Kinder vom Nebel der eigenen Phantasie umgeben zu sein scheinen, wenn Mischwesen zwischen Leben und Erscheinung auftauchen und deren Abbild so zu einer zeitgenössischen Momentaufnahme psychischer Disposition gerinnt. Zwitterhafte Wesen zwischen menschlicher Figur und Chimäre bevölkern Königs Malereien und begegnen den im Dunklen wirkenden Kräften einer alptraumhaften Welt aus Licht und Schatten, Materialisation und Auflösung. Eingewoben in malerische Formation an der Grenze vom Diesseitigem zum Jenseitigem führen sie einen Kampf zwischen Behauptung und Verflüchtigung, ringen um ihren visionären Platz in einer Welt der sachlichen Bestandsaufnahme, der wissenschaftlichen Verifikation und des Glauben an alles Materielle.

Alexander Königs Themen und Malweise stehen ungewöhnlich singulär im zeitgenössischen Kanon. Fußend auf den metaphysischen Traditionen des frühen 20. Jahrhunderts hat er sich eine spezifische Technik des expressiv-gestischen Malens erarbeitet, die es ihm gleichermaßen ermöglicht, Bildmotive aus der Malerei zu entwickeln, wie die Malerei selbst aus seinem Umgang mit den Motiven. Aus einem furiosen malerischen Geschehen treten Körper hervor, nehmen Figuren und Motive expressive Gestalt an, um im selben Moment bereits wieder ein Teil einer autonomen Malerei zu werden. Angesiedelt an der indifferenten Schnittstelle zwischen Bild und seiner Auflösung bewegen sich Königs Arbeiten in einem diffusen emotionalen Zustand der Transformation und werfen existentielle Fragen nach dem Zustand des Menschlichen auf.
—Von Ralf F. Hartmann

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Dr. Ralf F. Hartmann 
ist Prorektor für Forschung und Hochschulentwicklung
an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig
sowie Direktor des Kunstvereins Tiergarten in Berlin
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