Alexander König: Stundenbuch           
4. März—13. April 2017     

Königs Malereien
Alexander Königs Bilder bleiben auf ungewöhnliche Weise in einem ambivalenten Stadium zwischen Erzählerischem und reiner Malerei. Seine scheinbar idyllischen Bildfindungen, die Leichtigkeit seiner Motive aus Märchen, Mythologie und Sage ist durchzogen von einem dunkeltonigen mystischen Tenor, dessen Wurzeln in der Auseinandersetzung des Künstlers mit der europäischen Malereigeschichte einerseits und mit den Traditionen des Okkulten und Spirituellen in der Kunst andererseits zu finden sind.

Neben Goya und Füssli stehen mit Lovis Corinth u.a. die Expressionisten vom Beginn des 20. Jahrhunderts Pate, wenn ätherische Frauenfiguren sich entäußern und Kinder vom Nebel der eigenen Phantasie umgeben zu sein scheinen, wenn Mischwesen zwischen Leben und Erscheinung auftauchen und deren Abbild so zu einer zeitgenössischen Momentaufnahme psychischer Disposition gerinnt. Zwitterhafte Wesen zwischen menschlicher Figur und Chimäre bevölkern Königs Malereien und begegnen den im Dunklen wirkenden Kräften einer alptraumhaften Welt aus Licht und Schatten, Materialisation und Auflösung. Eingewoben in malerische Formation an der Grenze vom Diesseitigem zum Jenseitigem führen sie einen Kampf zwischen Behauptung und Verflüchtigung, ringen um ihren visionären Platz in einer Welt der sachlichen Bestandsaufnahme, der wissenschaftlichen Verifikation und des Glauben an alles Materielle.

Alexander Königs Themen und Malweise stehen ungewöhnlich singulär im zeitgenössischen Kanon. Fußend auf den metaphysischen Traditionen des frühen 20. Jahrhunderts hat er sich eine spezifische Technik des expressiv-gestischen Malens erarbeitet, die es ihm gleichermaßen ermöglicht, Bildmotive aus der Malerei zu entwickeln, wie die Malerei selbst aus seinem Umgang mit den Motiven. Aus einem furiosen malerischen Geschehen treten Körper hervor, nehmen Figuren und Motive expressive Gestalt an, um im selben Moment bereits wieder ein Teil einer autonomen Malerei zu werden. Angesiedelt an der indifferenten Schnittstelle zwischen Bild und seiner Auflösung bewegen sich Königs Arbeiten in einem diffusen emotionalen Zustand der Transformation und werfen existentielle Fragen nach dem Zustand des Menschlichen auf.
—Von Ralf F. Hartmann

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Dr. Ralf F. Hartmann
ist Prorektor für Forschung und Hochschulentwicklung
an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig
sowie Direktor des Kunstvereins Tiergarten in Berlin

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